17.5.2018
Es war immer gute Gepflogenheit der Planegger Ratsführung, bei wichtigen Beschlüssen das Gremium frühzeitig mit Unterlagen wie Gutachten zu konfrontieren, um Diskussion in den Fraktionen zu bitten und etwaige Änderungsvorschläge und –anträge so rechtzeitig vor der beschlussfassenden Gemeinderatssitzung einzureichen, dass diese den anderen Fraktionen mit den endgültigen Unterlagen zugestellt werden können. In der letzten Zeit geschieht dies nicht mehr. 200 Seiten Flächennutzungsplan wurden mit der Mindestfrist von einer Woche zum download bereitgestellt, unmittelbar anschließend die umfangreichen Unterlagen zur Westumfahrung – zusammen mit der Fassadengestaltung am Bahnhof. Schön, dass die Verwaltung so fleißig arbeitet, aber das Gremium derart zu überrumpeln und zu unüberlegten und vor allem zu nicht ausdiskutierten Beschlussfassungen zu nötigen ist ein Skandal.
Verkehrsuntersuchung: es gibt da einige Ungereimtheiten, wenn man die Prognosen des gleichen Büros vergleicht, die für 2012 und 2017 erstellt wurden: wenn man nur die Zahlen vergleicht, die an den Schlüsselstellen Röntgen/Münchnerstraße und Lochhamer-nord angegeben werden:
· IST 2012: 10.000 / 11.200, also fast gleich. IST 2017: 8.900 / 12.800, also deutlich größerer Unterschied.
· Prognose mit Umfahrung Süd (Sillat): 14.200 / 14.700 gegenüber 12.900 / 16.000
Da muss man doch fragen dürfen, wie sich diese Unterschiede erklären? ZB: ist diese doch fast schon extreme Zunahme auf der Lochhamer Nord der Ortsmittenplanung zuzuschreiben? Diskussion darüber unerwünscht!
Zwischen IST und Prognosefall liegt der Prognosenullfall, der die allgemeine und die durch bekannte beabsichtigte Maßnahmen (außer Straßenbau im untersuchten Bereich) anzunehmende Verkehrsentwicklung berücksichtigt. Einen richtigen Prognosenullfall aber gibt es nicht, mindestens der Durchstich ist als gebaut angenommen. Man geht jedenfalls davon aus, dass 2025 10 bis 20% mehr Autos durch Martinsried fahren. Das zeigt schon mal eindrucksvoll, dass man nicht daran glaubt, dass bis dahin Verkehrsberuhigungsmaßnahmen durchgeführt werden oder greifen.
Eine Betrachtung der (neuen) Ortsmitte: IST 2012: ca. 8.000 bis 8.500, IST 2017: ca. 7.800, Entlastung durch Durchstich: ca. 2.000 / 1.800 KfZ, das ist immerhin ungefähr gleich, wenn auch enttäuschend wenig. Interessant ist, dass bei zusätzlicher Umfahrung diese Ortsmittenentlastung auf 1300 / 1300 zurückgeht, schaltet man den Durchstich dann auch noch aus und sperrt die Röntgenstraße nirgends, dann bietet nur das neue Gutachten Zahlen, die in der Ortsmitte aber nur mehr 200 KfZ weniger als heute ausweisen. Das ist also eigentlich nicht tolerabel.
An dieser Stelle muss folgende bezeichnende Bemerkung angebracht werden: In seinen einleitenden Bemerkungen führte Bürgermeister Hofmann eindringlich aus, die Gemeinderäte sollen sich nur nicht einbilden, sie seien Fachleute für Verkehrsprognosen und Lärmschutz, man möge auf die wissenschaftlich korrekten und unanzweifelbaren Gutachten vertrauen. Darauf angesprochen, dass es mit der von der Verwaltung favorisierten Variante gar keine Ortsmittenentlastung mehr gibt, kommt aber die entnervte Bemerkung des Bürgermeisters, dass diese Prognose doch reine Kaffeesatzleserei sei, man doch nicht glauben solle, dass jemand durch die Ortsmitte fährt, wenn er es schneller außenrum schafft. Da bleibt dem vernunftbegabten Gemeinderat doch einfach die Spucke weg!
Mit zusätzlichem Durchstich und Sperrung der Röntgenstraße Nord gibt es wenigstens eine Ortsmittenentlastung von 1300 KfZ, also immerhin ca. 20% und die Einsteinstraße läuft nicht zu. Diese Überlegungen wurden aber weder dargestellt noch diskutiert, auf Nachfrage nur in Zweifel bzw. in Abrede gestellt. In der Sitzungsvorlage steht lapidar: „Das Ergebnis dieser Untersuchung zeigt klar, dass ein Durchstich zwischen Röntgenstraße und Fraunhoferstraße bei einem Bau der Umfahrung nicht sinnvoll ist.“ Was soll man dazu sagen? Wie nicht anders zu erwarten, wurde so abgestimmt, dass es jetzt eben keinen Durchstich und keine Sperrung der Röntgenstraße gibt. Eine schlechte Lösung und vor allem ein schlechter Politikstil!
Lärmschutz: Dazu fanden 2013/2014 zwei Anträge der Grünen Gruppe 21 eine Mehrheit: 1. Untersuchung von Lärmschutzmaßnahmen entlang der Lochhamer Str. Nord, 2. Zusatzmaßnahmen an der neuen Trasse, um an der Röntgenstr 3-6 dB unter dem gesetzlich geforderten Wert zu bleiben und Lärm- und Sichtschutz auch westlich der Trasse.
Zu 1.: Aus dem Fazit des Gutachtens „Aus schalltechnischer Sicht ist eine Kombination aus aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen zu bevorzugen“ wird in der Sitzungsvorlage: „Auch durch passive Maßnahmen alleine, lassen sich die Wohnbereiche, Balkone und Terrassen ausreichend vor Lärm schützen.“ Die SPD-Fraktion beantragte dann, ein Lärmschutzkonzept für die Lochhamer Str aufzustellen (einigermaßen unverständlich, denn es liegt ja ein umfängliches Gutachten vor). Dabei findet allerdings, im Gegensatz zu unserem Antrag von 2014 eine Lärmschutzwand keine Erwähnung mehr.
Zu 2.: Hier hätte es keiner Untersuchung bedurft, denn es ging ja nicht darum, irgendwelche Grenzwerte einzuhalten, sondern darum, das Naherholungsgebiet zu schützen. Stattdessen wird konstatiert, dass die Grenzwerte leicht eingehalten werden – ohne irgendwelche Lärmschutzmaßnahmen. Das war von vorneherein klar, Auftrag verfehlt. Aber was ist wohl das Ziel? Es steht zu befürchten, dass damit die Beschlusslage, dass es einen optischen und akustischen Schutz des Naherholungsgebiets geben soll, gekippt werden soll.
Kreisverkehre an den Knotenpunkten: Der Untersuchungsauftrag Kreisverkehr am südlichen Knotenpunkt hatte den Hintergrund, nach Möglichkeit die schon 2013 prognostizierte Umlagerung von Verkehr der Pasinger Str auf die Münchner Str und Umfahrung zu reduzieren. Darüber wurde keinerlei Aussage erarbeitet und präsentiert. Hier hat die Beauftragung versagt und den Beschluss nicht umgesetzt – die Frage ist, wieviel Absicht dahinter steckt. Dass ein Kreisverkehr im Norden erst dann Sinn macht, wenn es eine Weiterführung am Gewerbegebiet entlang gibt (hoffentlich nie), ist ja keine Frage. Undiskutiert bleibt aber, warum die Straßenführung etwas ungelenk ausgeführt ist. Die Einzeichnung einer möglichen, bzw. unmöglichen Führung eines schienengebundenen Verkehrsmittels entbehrt nicht einer gewissen Lächerlichkeit. Von einer Umweltverbundachse ist nichts zu sehen.
Radverkehrsführung: Unzweifelhaft verschlechtert sich die Situation für die Radfahrer erheblich. Die Umfahrung muss gekreuzt werden, im Süden zusätzlich noch die Anliegerstraße. Zumindest im Norden könnte man sich da schon bessere Lösungen vorstellen, vor allem im Zuge einer Umweltverbundachse, die ja Martinsried in Ost-West-Richtung durchqueren und eine attraktive Verbindung für den nicht-motorisierten Verkehr von Steinkirchen bis Großhadern aufzeigen soll. Keine kreative Lösung in Sicht!